KTM TPI, Zweitakt-Einspritzung: So funktioniert es!
In Motorsportkreisen war es ein offenes Geheimnis, dass KTM an einem Einspritzsystem für einen Zweitaktmotor arbeitete. Wir müssen es den Österreichern lassen: Sie sind Trendsetter geworden und haben die Karten in der Motorsportwelt drastisch durcheinandergewirbelt. Waren es vor der Jahrhundertwende vor allem die „Big Four“ aus dem Land der aufgehenden Sonne, die das Sagen hatten, ist das nun etwas anders.
In Mattighofen läuft die Forschungs- und Entwicklungsabteilung offenbar auf Hochtouren, denn für sie ist keine Herausforderung zu groß. Obwohl die Einspritzung bei einem Zweitakter nicht neu ist, musste KTM sie bei einem Enduro-Motorrad „praktisch und beherrschbar“ machen. Und das war offenbar nicht einfach, denn die Ingenieure haben das System 15 Jahre lang entwickelt.
Die Einführung wurde Anfang des Jahres in allen Fachmagazinen als große Neuigkeit gemeldet. Es erschienen erste Fotos sowie einige Videos von Prominenten (lesen Sie: Jonny Walker) aus der Enduro-Welt, der die Maschine empfohlen hat. Man merkt an allem, dass KTM sehr stolz auf die geleistete Arbeit ist. Die ersten unabhängigen Tests waren sehr positiv. Die Jungs von KTM wollten einen charakteristischen Zweitakter mit „Vergasergefühl“, aber ohne die Nachteile. Das ist ihnen auf jeden Fall gelungen. Was unser Testfahrer von so einer KTM hält TPI-Enduro gefunden, du liest hier
Euro4-Norm als (Extra-)Motivation
Aber warum wollte KTM speziell eine Einspritzung bei seinen Zweitaktmotoren? Dafür gibt es mehrere Gründe. Da ist zunächst einmal der Druck der Umweltgesetzgebung. Heutzutage (seit dem 1. Januar 2017) müssen Motoren Euro 4 sein, aber das war bei einem Zweitaktmotor für den Wettbewerbseinsatz, der auch eine Straßenzulassung haben muss, kaum machbar. Darüber hinaus sind Zweitakter gierig nach Benzin. Bei diesen Motortypen ist es typisch, dass viel Benzin austritt. Ein Teil des angesaugten Benzins wird nicht tatsächlich in Strom umgewandelt und kann als Verschwendung betrachtet werden. Ein Zweitakter könnte also etwas sparsamer sein.
Ist ein Zweitakter mit Einspritzung ausgestattet, gehört dazu natürlich auch etwas Elektronik. Um die Eigenschaften des Motors in einem herkömmlichen „Raucher“ zu ändern, musste man mit Düsen und Nadeln arbeiten. Sie haben dies zum Beispiel getan, weil die Rennstrecke dies für notwendig erachtete, der Luftdruck sich aufgrund von Fahrten in großer Höhe geändert hatte oder wenn die Wetterbedingungen dies erforderten. Bei einer injektionsbasierten Version erreichen Sie dies durch Ändern der Zuordnung. Sie ändern also die Einspritzung, indem Sie eine andere Art der Zuordnung wählen.
Und dann ist da noch der Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Technologie. Die FIM hat beschlossen, die Regeln rund um die Motocross-Europameisterschaft ab diesem Jahr zu ändern. Seit dem Aufkommen der Viertaktmotoren entsprach ein 125-cm³-Zweitaktmotor einem 250-cm³-Viertaktmotor. Diese Regel ändert sich nun wie folgt: 125 ccm ist 125 ccm, Viertakt oder Zweitakt. Es wird vermutet, dass die FIM dies nächstes Jahr auch im MXGP und MX2 anwenden will. Wenn das der Fall ist, dann ist KTM mit seinem Timing bestens gerüstet, denn es versteht sich von selbst, dass sie diese großartige Technologie auch im Motocross einführen werden. Vielleicht nimmt sich KTM etwas mehr Zeit, um dem Zweitakt-Einspritzer den spezifischen Charakter eines Dirtbikes zu verleihen.
Wie funktioniert das Zweitakt-Einspritzsystem von KTM?
Das Prinzip eines Zweitakters bleibt selbstverständlich erhalten. Die seitlichen Spülöffnungen am Zylinder fungieren weiterhin als Durchgangskanäle. KTM nennt es auch TPI oder Transfer Port Injection. Diesmal handelt es sich jedoch nur um angesaugte Luft und nicht um ein frisch hergestelltes Gemisch aus einem Vergaser. Das Drosselklappengehäuse von Dell'Orto dient lediglich der Regulierung der angesaugten Luftmenge. Es gibt also keine Einspritzdüse im Drosselklappengehäuse wie bei den Viertakt-Einspritzmotoren. Das Haus verfügt über ein Kaltstartsystem, das über einen Bypass zusätzliche Luft hinzufügt. KTM hat in die beiden Spülkanäle seitlich am Zylinder je einen Injektor eingeschraubt. Benzin wird unter Druck vom Kraftstofftank zu den Einspritzdüsen gepumpt, die sich dann auf Befehl des Steuergeräts oder des Bordcomputers öffnen und schließen. Die Injektoren spritzen nach unten und sorgen so für eine perfekte Durchmischung der angesaugten Luft, die durch das Drosselklappengehäuse eintritt. Das Steuergerät (KTM nennt es EMS oder Engine Management System) berücksichtigt die Geschichte einer Reihe von Sensoren. Diese geben Auskunft über den Druck der angesaugten Luft, den barometrischen Druck, die Stellung des Gashebels, die Geschwindigkeit sowie die Temperatur des Kühlwassers und Öls. Mit diesen Parametern führt der Bordcomputer Millionen von Berechnungen pro Sekunde durch, um immer die richtige Kraftstoffmenge einzuspritzen. Die Einspritzmotoren sind mit einem Hochleistungsantriebssystem ausgestattet, sodass das Steuergerät und die Kraftstoffpumpe immer ausreichend Spannung erhalten. Die Motoren, die früher mit Vergasern ausgestattet waren, benötigten deshalb nicht so viel Strom.
Tschüss, Vormischung
Zweitaktmotoren arbeiten wie gewohnt mit einem Gemisch aus Benzin und Öl zur Schmierung des Darms. Mit Innereien meinen wir den Kolben, den Zylinder, das Pleuelauge und die Kurbelwellenlager. Ein Vormischen ist bei diesen hochmodernen KTMs nicht mehr nötig: Die Motoren sind mit einem separaten 0,7-Liter-Öltank ausgestattet. Damit könnten Sie im Prinzip sechs bis sieben Benzintanks entleeren. Sowohl der Benzin- als auch der Öltank verfügen über eine Kontrollleuchte auf dem Armaturenbrett. Der Öltank-Einfülldeckel befindet sich direkt hinter dem Lenkkopf. Somit wird das Öl auch direkt nach der Drosselklappe kontrolliert in das System eingespritzt. Konkret bedeutet das, dass die KTMs mit variabler Gemischschmierung fahren. Mit anderen Worten: Der Computer ermittelt die erforderliche Ölmenge. Das Mischungsverhältnis variiert zwischen 1:60 und 1:100. Man sieht diese Österreicher nicht mehr rauchen, nur der Geruch bleibt. Herkömmliche Zweitaktmotoren füllten sich oft und mussten saubergebrannt werden, indem man den Gashebel eine Zeit lang bis zum Grat geöffnet hielt. Das gehört schon jetzt der Vergangenheit an: Dank der immer präzise regulierten Kraftstoffeinspritzung steht dem Motor immer die richtige Menge Benzin (und Öl) zur Verfügung. Der Motor läuft im Leerlauf ruhig weiter, auch wenn er umkippt. Auch der Verbrauch der eingespritzten KTMs würde sich dem der aktuellen Viertakter annähern, und das ist sehr beeindruckend. So werden deine Viertakt-Kumpels nicht auf dich herabblicken, wenn du das nächste Mal winkst, dass du dringend zur Tankstelle musst.
Durch die Einführung der Einspritzung ist etwas von der Einfachheit eines Zweitaktmotors verloren gegangen, aber seine Vorteile sind unbestreitbar groß. Mit diesem Schritt verschafft sich KTM einen deutlichen Vorsprung gegenüber der Konkurrenz. Sie werden zweifellos nachziehen müssen, denn das Revival des Zweitaktmotors ist nun nicht mehr aufzuhalten! Erfahren Sie mehr über die revolutionäre TPI-Technologie hier Korrekturlesen.
Tekst: Danny Hermans
Fotos: KTM
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