E-Dirtbike-Dossier: Wir arbeiten hart!
Es sind aufregende Zeiten, insbesondere in der Welt der Zwei- und Vierräder. Noch nie stand die Branche unter so großem Druck, neue Technologien zu entwickeln, und das hat alles mit der globalen Erwärmung zu tun. Einige unserer Fahrzeuge sind Zweiräder und in diesem Segment blicken wir neugierig in die Zukunft. Welche Technologien wird uns die Branche bieten und wer wird die Führung bei der Entwicklung elektrischer Dirtbikes übernehmen?
Das Problem des umweltfreundlichen Transports besteht schon lange, hat aber durch den Dieselskandal und die Betrugssoftware, die Volkswagen in seinen Selbstzündern einsetzte, an Dynamik gewonnen. Das Ergebnis ist, dass zum ersten Mal seit der Erfindung des Automobils (Karl Benz im Jahr 1871) nicht die Industrie, sondern die Politik darüber entscheidet, mit welcher Technologie unsere Fahrzeuge angetrieben werden. Bis vor wenigen Jahren bestimmte die Industrie, welche Antriebssysteme für unseren täglichen Transport angeboten wurden. Der Einfluss der Ölindustrie mag groß gewesen sein, weshalb wir bisher hauptsächlich Benzin und Diesel verwendet haben.
Auch diese fossilen Brennstoffe genießen in den meisten Ländern einen hohen Wert und füllen die Staatskasse über Jahrzehnte mit vielen Milliarden. Doch seit dem Dieselskandal von 2015 sind andere Kräfte am Werk. Unter dem Einfluss von Umweltgurus weltweit geraten konventionelle Verbrennungsmotoren zunehmend unter Druck. Die Politik hat sich dieser Problematik energisch angenommen und beschlossen, dass elektrische Antriebe die Zukunft sein werden. Ob das aus Umweltgründen gerechtfertigt ist, möchte ich keinen Moment kommentieren, aber ich stelle fest, dass sich viele Politiker freuen würden, wenn wir ab sofort über die Steckdose statt an der Tankstelle laden würden. Eine künstliche Erhöhung der Strompreise in unserem Land ist ein schlechtes Zeichen und gleicht einer mentalen Vorbereitung auf eine „Steuerverlagerung“ von der Tankstelle zur Steckdose.
Tatsache ist, dass die Branche massiv auf die „Elektrifizierung“ unserer Fahrzeugflotte gesetzt hat und es daher keinen Weg zurück mehr gibt. Als Motorradfahrer bleibt uns nichts anderes übrig, als einen Blick auf die Automobilbranche zu werfen, um zu sehen, was die Zukunft für uns bereithält. Die ersten Anzeichen sind schon seit einigen Jahren sichtbar und nach und nach halten Elektromotoren Einzug auf unseren Straßen. Genau wie bei den Autos waren diese Motoren noch kein großer Erfolg, aber die Entwicklung könnte unumkehrbar sein. Der größte Schwachpunkt bei Elektrofahrzeugen sind die Batterien. Mit einer Ladung kommt man nicht weit und eine Reichweite, wie wir sie von einem Verbrennungsmotor gewohnt sind, ist nicht realisierbar.
Braaaaping oder Summen
Auch im Motocross entwickelt die Industrie elektrische Maschinen. Wir stellen fest, dass das Batterieproblem bei Motocross-Maschinen eigentlich kein Problem darstellt. Mit einer Akkuladung wird es bald durchaus möglich sein, eine Serie „auf MXGP-Niveau“ zu beenden. Die Entwicklung von Batterien, die mehr Strom speichern können und deren Gewicht gering ist, schreitet sehr schnell voran. Es ist fast sicher, dass in einigen Jahren Dirtbikes angeboten werden, die sich problemlos mit einer herkömmlichen Maschine messen können. Deshalb ist es bedauerlich, dass die amerikanische Marke Alta im Jahr 2018 in finanzielle Probleme geriet. Sie waren in der Entwicklung ihres Elektro-Crossers am weitesten fortgeschritten. Uns ist bewusst, dass die Entwicklung viel Geld kostet, aber Alta war bereits auf dem richtigen Weg. Es gibt jedoch noch keine offiziellen Neuigkeiten zum Neustart der Marke. Aus den USA hören wir Gerüchte, dass Harley Davidson einen elektrisch angetriebenen Crosser entwickelt. Genau wie im Automobilsektor (Google, Apple und Tesla) erscheint es logisch, dass „nicht-motorradbezogene“ Technologiemarken auf den Zug aufspringen und mit dem Bau elektrisch angetriebener Zweiräder beginnen.
Die Augen der Motocross-Welt sind auch auf den österreichischen Hersteller KTM gerichtet. Sie haben jetzt ihr elektrisches Freeride, einen zaghaften Versuch, den Markt für elektrische Offroad-Maschinen zu erkunden. KTM ist dafür bekannt, sich sehr schnell weiterentwickeln zu können, und genau diese Eigenschaft verschaffte ihnen einen Vorteil gegenüber den japanischen Herstellern. Man kann davon ausgehen, dass die Ingenieure in Mattighofen mit einer ordentlichen Portion Hunger am Zeichenbrett sitzen, um die Zukunft des E-Motocross vorzubereiten.
Aus Japan gab es lange Zeit keine Neuigkeiten, bis wir kürzlich von Honda umgehauen wurden, der auf der Tokyo Motor Show einen fortschrittlichen Prototyp eines elektrischen CRF zeigte. Dieser Motor war eine Weiterentwicklung des Elektro-Dinosaurier-ähnlichen Mugen-Honda von vor einigen Jahren. Die anderen drei japanischen Hersteller müssen an diesem Morgen an ihrem Blütentee erstickt sein. Honda nimmt eine Vorreiterrolle ein und so ist die Motorradwelt nun aufgewacht. Mittlerweile haben die „Big Four“ ein Konsortium zur Standardisierung einer Motorradbatterie und deren Ladung unterzeichnet.
Politik und Unterstützung
Wir sollten auch nicht aus den Augen verlieren, dass Motocross seit Jahren unter Druck steht. Vor allem in dicht besiedelten Gebieten wie Belgien und den Niederlanden ist die Lärmbelästigung durch ein herkömmliches Dirtbike ein Faktor, der zunehmend zur Schließung von Kreisläufen genutzt wird. Auch hier können wir mit dem Elektro-Crosser das Problem zu geringer Trainingskapazitäten in mehrere Strecken pro Bundesland umwandeln. Es versteht sich von selbst, dass lokale und regionale Behörden deutlich positiver auf einen Genehmigungsantrag für eine neue Motocross-Strecke reagieren würden, auf der nur elektrische Motorräder zugelassen sind. Die Stromkreise können daher näher an Wohngebieten verlegt werden, ohne dass es zu Belästigungen kommt. Darüber hinaus können einige Indoor-Rennstrecken in Flandern und Wallonien in Betracht gezogen werden. Das Fehlen von Abgasen ist perfekt für den Innenbereich. Stellen Sie sich vor: Mitten im Winter in einer beheizten Halle trainieren, ohne dass die Abgase in den Augen brennen, und anschließend mit Ihren Kumpels in der angeschlossenen Cafeteria mit Blick auf die Rennstrecke entspannen.
Natürlich müssen bestehende und neue Strecken langsam aber sicher auf Elektro-Motocross umsteigen. Um die Batterien mit Strom zu versorgen, müssen ausreichend Ladepunkte vorhanden sein. Auch an einem schnellen Batteriewechsel kann die Industrie arbeiten, allerdings ist diese Technologie derzeit zu teuer, um sich durchzusetzen. Elektro-Rennen würden dann noch teurer als konventionelle Rennen und das kann sicher nicht die Absicht sein. Billigere Batterien könnten eine Lösung sein.
F.I.M. und U.C.I.
In den Niederlanden sind sicherlich einige Menschen aufgewacht. Zum Zeitpunkt der Drucklegung stehen unseren nördlichen Nachbarn mehrere Strecken zur Verfügung, die ausschließlich für den Elektrorennsport bestimmt sind. Die Betreiber stellen die Motorräder, Kleidung und alles Nötige für einen Nachmittag voller Spaß auf einem Dirtbike zur Verfügung. Derzeit gibt es in den Niederlanden zwei Rennstrecken, eine in Wanroij und eine in Amsterdam. Ein dritter Rundkurs (Wehl) ist so gut wie fertig und wartet auf die Genehmigung der Gemeinde Doetinchem. Auch Youthstream – der Veranstalter der Motocross-Weltmeisterschaft – unternimmt einen zaghaften Versuch und plant für 2019 einige Schnupperwettbewerbe für elektrische Mountainbikes. Eine echte Weltmeisterschaft wird 2020 in Zusammenarbeit mit der F.I.M. starten. Der internationale Radsportverband U.C.I. hat inzwischen Demo-Wettbewerbe abgeschlossen und plant auch einen neuen Wettbewerb. Dazu gehört die F.I.M. und die U.C.I. in den Gewässern des anderen, neugierig, wie das ausgehen wird.
Elektro-Rennsport kann auch den Besucherzahlen neue Impulse verleihen. Die Organisation eines Motocross-Wettbewerbs mit Elektromotoren kann die Schwelle senken, da der Lärm praktisch verschwindet und keine Abgase entstehen. Gerade bei Indoor-Initiativen kann sich dies positiv auf die Zuschauerzahl auswirken, denn hier sind die Vorteile unbestreitbar. So gibt es keine Kälte, keinen Regen, keine Abgase und keinen Lärm, der viele potenzielle Zuschauer zum Besuch eines Spiels lockt.
Der Wettbewerb
Wie so oft erfolgt die Entwicklung neuer Technologien teilweise durch Wettbewerb. So gibt es auf der Isle of Man seit einigen Jahren die Zero-TT und seit 2019 die MotoE, einen Wettbewerb mit Elektro-Rennfahrern, die an mehreren MotoGP-Wochenenden gegeneinander antreten. Es sind die aktuellen Teams aus MotoGP, Moto2 und Moto3, die zusammen 18 Piloten auf einen E-Racer schicken. Alle Augen der Branche werden auf diese Wettbewerbe und die Entwicklung der Motoren gerichtet sein. Seit einigen Jahren gibt es auch die Formel E, etwa die Formel 1, allerdings für Elektroautos. Und im Jahr 2021 wird die Rallye Dakar eine Kategorie für elektrisch angetriebene Rallye-Motorräder hinzufügen.
Wie immer gibt es Befürworter und Gegner von Elektro-Rennsport oder Motocross, aber wenn man es aus einer breiteren Perspektive betrachtet, hat es durchaus großes Potenzial. KTM und die Schwestermarke Husqvarna werden im Jahr 2020 elektrische Kinder-Motocross-Motorräder auf den Markt bringen, sozusagen das Äquivalent eines 50-cm³-Wettbewerbsmotorrads. Das ist ein kluger Schachzug der Österreicher, denn so kann eine neue Generation junger Fahrer mit der neuen Technologie wachsen.
In der Zwischenzeit werden wir noch mindestens zwanzig Jahre Freude an Verbrennungsmotoren haben. Dann ist es für diese neue Generation an der Zeit, sich von fossilen Brennstoffen zu verabschieden. Bis es so weit ist, wird die Industrie Zeit brauchen, um das elektrische Fahren weiterzuentwickeln. Es muss darüber nachgedacht werden, das elektrische Fahren zu 100 % energieneutral zu gestalten. Die Herstellung und das Recycling von Batterien müssen verbessert werden, da sie voller Schwermetalle und chemischer Prozesse sind. Auch das Laden von Akkus könnte deutlich umweltfreundlicher sein. Ein großer Teil des in Europa produzierten Stroms wird immer noch von Braunkohlekraftwerken erzeugt!
Generation Z
Die Generationen, die in einer Welt voller Verbrennungsmotoren aufgewachsen sind, werden murren und zusehen, wie sich die Konkurrenz langsam aber sicher in etwas Neues verwandelt. Wir befürworten hier sicherlich nicht Elektro-Motocross, aber man kann die Schritte, die die Branche unternimmt, nicht ignorieren. Sicherlich nicht, wenn es unserem Sport neue Impulse geben kann. Das könnten wir gebrauchen, denn das Image rund um Motocross ist auf einen absoluten Tiefpunkt seit vierzig Jahren gesunken. Es wird nie wieder das sein, was es war, dazu hat sich die Gesellschaft zu sehr verändert. Der moderne Mensch hat heute viel mehr Möglichkeiten, seine Freizeit zu gestalten. Darüber hinaus beschäftigt er/sie sich viel mehr mit Umweltthemen als zuvor und Motocross steht da eher schlecht da. Das ist natürlich reine Wahrnehmung, aber ein positives Bild wird immer berücksichtigt, wenn man beim Gemeinderat eine Betriebsgenehmigung für eine neue Motocross-Strecke einholen muss.
Zugegebenermaßen wird ein Motocross mit Elektromaschinen nie den Charme eines solchen mit Verbrennungsmotoren haben, aber die Vorteile sind unbestreitbar groß. Das maximale Drehmoment steht bei nahezu jeder Geschwindigkeit zur Verfügung, man muss nicht mehr zwischen den Gängen wechseln, weil es keine gibt. Und so gibt es an Bord keine Verbindung. Auch Elektromotoren lassen sich mit verschiedenen „Mappings“ einfacher steuern, um die Charakteristik des Motors an die Schaltung anzupassen. Der Sound eines herkömmlichen Motocross-Motorrads bestimmt zwar teilweise das Image des Motorsports, doch in dieser Welt großer technologischer Herausforderungen muss man über den Tellerrand schauen.
Fotos: Alta Motors, KTM.com, Husqvarna-motorcycles.com, Saroléa.com.
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